Mit einem lauten Rattern glitt die Tür auf. Laura trat in den Fahrstuhl und drückte auf die Vier. Erneut erfolgte das laute Rattern, die Fahrstuhltür begann sich zu schließen.
„Warten Sie!“ Eine Hand klemmte sich in den Spalt zwischen Tür und Rahmen, sofort stoppte der Mechanismus, die Tür ratterte wieder auf.
Zu der Hand gehörte ein Kerl in grauem Anzug: Karl aus der Buchhaltung. „Oh.“ Er hielt überrascht inne, als sein Blick auf Laura fiel.
„Guten Morgen, Karl.“
„Guten Morgen, Laura.“ Er trat ganz in den Fahrstuhl, drückte die Eins und dann eilig auf die Taste, mit der die Tür geschlossen wurde.
„Schönes Wetter heute, nicht?“
„Mhm.“ Karl brummte zustimmend und sah angestrengt auf seine Füße.
Als einige Sekunden später der Fahrstuhl im ersten Stock stehenblieb und Karl ihn ohne ein Wort des Abschieds verließ, war Laura beinahe erleichtert.
Die Tür glitt wieder zu, der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung und sie sah nervös in den Spiegel. Schon in der Straßenbahn hatten die Menschen seltsam auf sie reagiert. Sie rückte ihr Handtuch zurecht und sah mit einem mulmigen Gefühl auf die Stockwerksanzeige über der Tür.
Wenn schon der sonst so fröhliche Karl derart seltsam reagiert hatte, was würde dann die Belegschaft auf ihrem Stockwerk erst sagen? Wieso hatte sie sich nur zu diesem Nerdmist überreden lassen ….
Jochen hatte ihr noch versichert, dass sie keineswegs die einzige sein würde, sondern dass der Towel Day zu Ehren von Adams längst überall bekannt sei. Aber stattdessen: Seltsame Blicke und Getuschel in der Bahn, in der Eingangshalle, im Fahrstuhl mit Karl …
Der Fahrstuhl hielt, die Tür glitt auf.
Laura holte tief Luft, trat heraus und folgte dem Gang zu ihrem Büro. Sie konnte regelrecht spüren, wie durch die Glaswand der Marketingabteilung und durch die Türen der Einzelbüros alle Blicke sich auf sie richteten. Sie beschleunigte ihren Schritt, schwor sich, nie wieder an so etwas teilzunehmen und stieß schließlich zuversichtlich die Tür zum Doppelbüro auf, dass sie sich mit Wendy teilte. Wenn jemand auf diesem Stockwerk ein Nerd war, dann Wendy. Ihren Schreibtisch zierte unter anderem eine Keksdose, die diesem schwarzen Blechheini aus Star Wars nachempfunden war …
„Guten Morgen.“ Laura setzte sich hinter ihren Schreibtisch. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie auch Wendy sie verblüfft anstarrte. Sie schaltete demonstrativ ihren Computer ein, blätterte in einem Stapel Papier auf ihrem Tisch und begann dann, E-Mails zu beantworten.
„Ähm, Laura?“
„Was?“ Laura sah auf. „Heute ist Towel Day.“
„Ich weiß.“ Wendy bemühte sich um ein Lächeln. „Aber dabei tragen wir nicht nur ein Handtuch.“
Um ein Nerd zu werden, viel lernen du musst, junger Padawan Laura.
Hüten vor der dunklen Seite sie sich muss!