Haiku „De Aquila“ veröffentlicht!

Heute habe ich nicht direkt einen Text, sondern eine frohe Botschaft kundzutun: Gerade eben ist die 12. Ausgabe von „VATES – The Journal of New Latin Poetry“ erschienen und mit dabei: Ein lateinisches Haiku samt englischer Übersetzung von mir.

Gut, es ist kein völlig neues Haiku, sondern eine Umarbeitung des Haikus „Adler„, das bereits letztes Jahr im Februar hier auf dem Tintenfleck erschien. Obwohl es sich also nicht um einen völlig neuen Text handelt, finde ich es doch spannend, wie unterschiedlich sich das Haiku in den drei verschiedenen Sprachen präsentiert! Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche Version mir am besten gefallen soll …

Ursprünglich wollte ich ja das deutsche Haiku nur übersetzen, aber eins zu eins war das leider nicht machbar. Das lateinische Haiku wurde anders – und da in VATES zu jedem lateinischen Text auch immer eine englische Übersetzung gereicht wird, musste ich mein Haiku natürlich auch auf Englisch übersetzen, und das möglichst so, dass er den lateinischen gut widerspiegelt. Eine vertrackte Aufgabe! Eine einfache Prosaübersetzung wollte ich nicht machen, das wäre bei einem Haiku dann doch zu schade gewesen. Also übersetzte ich mein lateinisches Gedicht auf Englisch – und wieder wurde es anders! :O

Jedenfalls, wer es sich anschauen will: Hier geht es direkt zur 12. Ausgabe von VATES, mein Haiku findet ihr gleich auf S. 14!

Ich freue mich riesig, dass ich es in die Gesellschaft solch toller lateinischer Dichter geschafft habe! Bei meinem Grinsen kann ich mir das Kürbisaushöhlen für Halloween wohl sparen ;-)

 

Werbung

Latein

Dumpfes Donnergrollen rollte aus der Ferne heran.
Andreas beobachtete den Himmel schon seit Stunden. Immer mehr und immer dunklere Wolken türmten sich am Horizont auf. Bald war es soweit, das Gewitter würde ihn erreichen.
Schwerfällig erhob er sich aus seinem Campingstuhl, leerte seine Bierflasche und begann, seine sieben Sachen zusammenzupacken. Typisch – da hatte er einmal frei, konnte einen Tag beim Angeln verbringen und dann zog ein Gewitter auf…
Er stellte den Koffer mit Ködern und Blinkern in den Kofferraum, legte den zusammengeklappten Stuhl dazu und trat ein letztes Mal an den See. Er nahm seine Angelrute aus der Profi-Halterung, die er im Angelladen preisgünstig erstanden hatte, und begann, gemächlich die Leine aufzukurblen. Das Wasser lag noch ruhig da, unbeeindruckt vom aufkommenden Wind. Nur hier und da breiteten sich spiralförmig ein paar Wellen aus, wenn ein Insekt sich auf die Wasseroberfläche verirrte und ein Fisch gnadenlos zuschlug.
Ein plötzlicher Ruck an der Rute hätte ihn beinahe vornüber kippen lassen. Die Leine spannte sich, die Kurbel entglitt seinem Griff. Beinahe rutschte ihm die Angel aus der Hand. Andreas schrie überrascht auf, sah hilflos zu, wie sich die Leine in Windeseile wieder abspulte. Dann erinnerte er sich an den Artikel aus seinem Lieblingsanglermagazin und mit einigen fachmännischen Handgriffen brachte er die Kurbel wieder unter Kontrolle.
Die Angel bog sich, die Leine schien zum Zerreißen gespannt.
Andreas stemmte sich mit aller Kraft dagegen, begann Zentimeter um Zentimeter die Leine einzuholen.
Das Untier am anderen Ende wehrte sich nach Kräften, es zog und zerrte, schlug energisch mit der Schwanzflosse. Riesige Wellen rasten über die eben noch ruhige Oberfläche des Sees, schlugen gegen Andreas‘ Stiefel. Wasser drang über den Rand, tränkte seine Socken.
Sein Atem raste, seine Arme brannten, jeden Moment würde ihm das Tier die Angel samt Schultern ausreißen. Doch er gab nicht auf. Andreas stemmte sich erneut dagegen, und mit einer ungeheuren Kraftanstrengung zog er den fünfzehn Meter langen Karpfen an Land. Ratlos starrte er auf den großen Brocken und verfluchte sich, in der Schule kein Latein belegt zu haben – denn wie sollte er nun seinen Angelkollegen von diesem Fang erzählen?